Last Updated on 31. Januar 2023 by
Literatur in Thailand – nur wenig ist überliefert
Warum gibt es so wenig historische Aufzeichnungen in Thailand? Wenn man über die thailändische Literatur etwas Genaueres hier im europäischen Raum erfahren möchte stößt man schnell an die Grenzen des Machbaren. Warum gibt s so wenig Aufzeichnungen, Schriftstücke oder ganz allgemein Texte aus der thailändischen Historie? Getrieben von einem persönlicher Neugierde machte ich mich auf die Suche nach Antworten!
Das historische Schriftsystem der Thailänder
Erst ab dem Jahr 1283 sprechen wir von einem thailändischen Schriftsystem. Zuvor wurden Aufzeichnungen in anderen Sprachen und Dialekten überliefert. Die meisten Thailänder beschäftigen sich nicht so sehr mit der historischen oder modernen Literatur. Auf dem Lande sind Schreibschwäche und rudimentäres Wissen über das Schreiben gerade bei älteren Menschen noch immer häufig anzutreffen. Erst in jüngerer Zeit bessert sich hier die Situation. Das bedeutet aber, dass die Thailänder auch nie ein großes Interesse am Schreiben und Lesen hatten. Das war eben Sache der Könige, der Beamten und der Mönche. Daraus ergibt sich aber, dass viele historische Werke noch nicht veröffentlicht wurden. Einige dieser interessanten historischen Werke liegen nur im Original in den Museen vor und sind daher leider nur Wissenschaftlern bekannt. Der Zugriff auf diese Quellen stellt sich, das weiß ich aus eigener Erfahrung, als sehr schwierig, wenn nicht sogar durch die thailändische Mentalität oftmals als unmöglich heraus.
Schriftsysteme in den frühen Zeiten
Als Grundlagenmaterial wurden für Historische Aufzeichnungen in Thailand und für die Erstellung von Texten Palmblätter verwendet, in denen die Schriftzeichen zuerst eingedrückt, dann später wurde mit Farbe geschrieben. Wundervolle Beispiele finden sich in den thailändischen Museen und speziell in der Sammlung von Palmhandschriften im Wat Sung Men, 10 Km von Phrae entfernt.
Es gibt als zweite Variante die Steininschriften, bei denen die Zeichen eingemeißelt wurden.
Schriften der früheren Zeiten
- Pali – Es ist eine mittelindische Sprache. Die Sprachwissenschaftler sind sich nicht einig, ob Pali eine wirklich gesprochene Sprache war. Ab 500 v. Chr. bildetet sich die Lehre des Theravada-Buddhismus aus. Von den originalen Worten Buddhas ist nichts erhalten da die die Überlieferungen nur mündlich erfolgten. Diese Überlieferungen wurden erstmalig in Sanskrit oder Pali aufgezeichnet. Als einzige vollständige Aufzeichnung liegt der Pali-Kanon vor. Ein Kanon ist eine Sammlung von Werken, die historisch einen besonderen literarischen Wert aufweisen. Er wurde unter König Vaṭṭagāmaṇī Abhaya ( 89 – 77 v. Chr.) in Sri Lanka niedergelegt. In der Urform wurde er auf Palmenblättern niedergeschrieben. Spätere Kopien wurden auf Holz und sogar auf Goldblättern angefertigt. Genau genommen hat Pali keine eigene Schrift, sondern wird aus regionalen Schriftzeichen geschrieben. Texte wurden in der Khmer-Schrift geschrieben. Prinz Vajitrananarosasa, der 47. Sohn von König Mongkut – Rama IV. entwickelte ein System von Pali, dass mit thailändischen Schriftzeichen geschrieben wurde.
- Sanskrit – Hierbei handelt es sich um Schriftsysteme, die hauptsächlich aus hinduistischen und buddhistischen Schriften bestehen. Es ist eine Alt-Indische Sprache. Sanskrit ist die wichtigste Sprache im Hinduismus und im Südasiatischen Gebiet. Diese Sprache gilt als heilige Sprache der Hindus und wird noch in der heutigen Zeit bei religiösen Zeremonien angewandt. Sidharta Gautama, der spätere Buddha, hat jedoch nicht in Sanskrit gesprochen. Man vermutet, dass er Ardhamagahi gesprochen hat. Viele Texte sind in Sanskrit überliefert und erst in späterer Zeit aufgeschrieben worden.
Die Schriften der Sukhothai-Epoche
Einem großen König aus Sukhothai schreibt man die Entwicklung der ersten thailändischen Schrift zu. 1283 n. Chr. wurde durch seine Majestät König Ramkhamhaeng durch eine Vereinheitlichung der Schriftzeichen diese erste thailändische Schrift geschaffen. Diese hatte als Vorbild die damalige Khmer-Schrift, die aus der Familie der Barahmi-Schriften stammt. In der Zeit der Sukhothai-Epoche wurden auch die Palmblattmanuskripte und die Steininschriften meist von Mönchen und hochrangigen Personen des Adels verfasst. Die meisten der erhaltenen Texte handeln von der Götterwelt und der hinduistischen Mythologie sowie vom Buddhismus.
Die vermutlich ältesten historischen Aufzeichnungen in der Sukhothai-Epoche sind die „Sprichworte des Phra Ruang“, in denen die Entstehung des Sukhothai-Reiches geschildert werden. Diese Art der Literatur, Suphasit genannt, sind Verse, deren Art sich bis heute fortführt.
Der König Lithai ist wahrscheinlich um 1345 der Auftraggeber zur „Abhandlung über die drei Welten“. Dieses Werk „Traiphum Phra Ruang“ oder „Traibhumikatha“ ist eines der bedeutensten Werke aus der Sukhothai-Epoche und bis heute Einfluß nehmend auf die thailändische Kunst und Kultur.
Als die „erste Schriftstellerin in Siam“ gilt die Tochter des Hofbrahmanen, der am Hof von „Phra Ruang“ gedient haben soll. Dies geschah vermutlich in der Regierungszeit von König Lithai. Dort, als Haremsdame, verfasste sie die „Anstandsregeln für Haremsdamen“. In diesem „Tramrap thao si Chulalak“ genanntem Werk werden einige der vielen Bräuche am Hof des Königs geschildert.
Die Literatur der Ayutthaya-Epoche
Wir müssen die Ayutthaya Zeit in zwei unterschiedliche Zeitepochen einteilen. Die frühere Ayutthaya-Epoche zirka 1448 bis 1758 n.Chr. – und die spätere Ayutthaya-Epoche bis zum Ende des 17. Jahrhundert n. Chr.
Schriften der frühen Ayutthaya-Epoche
Die beiden ersten Jahrhunderte waren durch die Vorherrschaft des Militärs gekennzeichnet und so sind kaum Texte überliefert. Es beginnt mit einem Text der „Ongkan chaeng nam“, also „königlicher Wasserfluch“ benannt ist.
Diese Verse wurden von Brahmanen am Hofe gesprochen, wenn Beamte und das Militär den Eid auf den König ablegten. Dabei wurden die königlichen Waffen in geweihtes Wasser getaucht und danach tranken die Menschen, die den Eid leisteten, dieses Wasser.
In der Zeit von König Narais (1657-1688) kam es zu einer wahren Hochzeit der Poesie. Am Hofe des Königs gab es einen regelrechten Wettstreit, bei dem der König zwei Zeilen des Gedichts vorgab und die Höflinge es dann vollenden mußten.
Als Historische Aufzeichnungen in Thailand ist Yuan Phai Khlong Dan – Siam 1475 sehr bekannt. „Die Niederlage Lan Na Tais“ ist eines der bekanntesten frühen siamesischen literarischen Kompositionen.
Seine Majestät König Naris hat vermutlich auch entscheidend an der Übersetzung der Jatakas, der „Geburtsgeschichten“ Buddhas mitgewirkt.
Schriften der späten Ayutthaya-Epoche
In dieser Epoche waren es König Borommakot (1733 – 1758) und sein Sohn Chaofa Thammathibet die bekanntesten Dichter Siams. Vom Chaofa Thammathibet stammen die sogenannten „Ruderlieder“. Diese werden noch heute bei der Prozession der königlichen Barken ( siehe auch: Das königliche Bootsmuseum und Werft in Bangkok ) verwendet, um den Takt der Ruderer zu gewährleisten.
Die Schriften der Thonburi- und Rattanakosin-Periode
In dieser Zeit wurde das indische Nationalepos Ramayana durch Phra Phutthayotfa Chulalok (Rama I.) ins Thailändische übertragen. Sein Sohn Rama der II. (1766-1824) verfasste eine weitere Version für Tänzer. Sie wurde Khon genannt. Informationen über diesen thailändischen Nationaltanz findet Ihr hier: Khon, der Tanz über den Kampf, Gut gegen Böse
Warum gibt es so wenig historische Aufzeichnungen in Thailand
Der Grund für die wenigen Überlieferungen liegt nicht nur in einem einzelnem Geschehen begründet, sondern hat verschiedene Ursachen.
- In der frühen Zeit ist hier als Hauptgrund das organische Material der Palmenblätter anzuführen. Eine pflanzliche Materie, die in dem schwül – warmen Klima Siams aufbewahrt wird, verdirbt viel schneller. Pilze und Fäulnis setzen dem Material schneller zu als den Papyrus Dokumenten der Ägypter im trockenem Wüstenklima.
- Organisches Material ist ein leichtes Opfer in Kriegszeiten. Damals kam es häufig vor, dass die Bibliotheken gebrandschatzt wurden und damit die Dokumente für immer verloren gingen. Hiervon waren die Paläste der Könige und auch die buddhistischen Tempel oft betroffen.
Ich finde es sehr interessant sich mit den historische Aufzeichnungen in Thailand, der Geschichte und der Literatur Siams zu beschäftigen. Um so mehr bedaure ich, dass es so wenige Übersetzungen ins Deutsche gibt und wir Europäer uns so wenig für die Literatur von Thailand interessieren. Sicherlich ist es keine leichte Kost und man muß sich intensiver damit beschäftigen. Man erhält jedoch einen wundervollen Einblick in die Denkweise und die Kultur des Landes des Lächelns.
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Ein Hinweis auf den Autor Peter Hirsekorn, dessen Buch Sie auf dem Foto in Händen halten und dessen Texte wohl wesentliche Quellen für Ihren Blogbeitrag sind, wäre mehr als fair gewesen.
Hallo S,
Das Buch war nicht die „wesentliche Quelle“ Quelle des Postings. Ich habe daher auch keinen Grund diese Buch extra zu bewerben und auch noch einen einen extra Vermerk für kommerzielle Werbung zu setzen! Ich habe das Buch rechtmäßig erworben und bezahlt! Ich gehe auch weiterhin davon aus, das Sie das Buch nicht gelesen haben da der Inhalt ganz andere Thematik hat als die, die ich im Post behandele.
mit freundlichem Gruß Reiner Kerner
Das ist ja ein hochinteressanter Artikel! Kann es sein, dass es mehr Literatur und Übersetzungen auf Französisch gibt? Ich kann mit vorstellen, dass die Franzosen aufgrund ihrer frühen Beziehungen zu Indochina ein größeres Interesse an thailändischer Literatur haben als Deutsche.
Beste Grüße
Ulrike
Hallo Ulrike,
jetzt hast Du mich erwischt! Da ich in der Schule kein Französisch wollte, die Sprache war mir immer zu weich wegen dem Singsang bin ich da etwas überfragt. Ich liebe mehr die härteren Sprachen wie Italienisch und Spanisch. Ich kann nur feststellen, dass es in den öffentlich zugänglichen Bibliotheken schon sehr wenig Literatur über dieses Thema zu finden gibt und in französisch gar nichts! Ich arbeite schon lange daran Zugang zu Uni-bibliotheken zu erhalten aber das ist bisher auch nicht möglich. Ich habe einige sehr ausgefallene Bücher aus dem Englischen. Für Thailand auch leichter zu erklären, die fahren ja auch links 😉 555. In den anderen SOA Ländern ist Französisch mehr vertreten und speziell in Kambodscha und Vietnam!LG nach Hamburg
Reiner