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Die Wahrheit über Anna und der König von Siam

Anna und der König und die Wahrheit über Anna Leonowens

Es ist nun mehr als 20 Jahre her, als am 27.01.2000 die moderne Variante des Klassikers „Anna und der König von Siam“ in den Kinos in Deutschland anlief. Die Geschichte zwischen der englischen Lehrerin Anna Leonowens und König Mongkut (Rama IV.) wurde aber nicht zum ersten Mal verfilmt. Sie entstammt aus einem Roman, jedoch auch aus einer wahren Geschichte, wenn auch viele Dinge sich nicht so zugetragen haben und auch nicht der Wahrheit entsprechen.

Portrait von Anna Leonowens
Portrait von Anna H. Leonowens – Gemälde 1905 von Robert Harris (1849-1919)

Manche Menschen schmachten dahin, wenn sie im Fernsehen, auf DVD, im Internet oder auch im Kino den Film „Anna und der König“ anschauen. Alles ist hier in diesem Film vertreten: Historie, Siam zu einer Zeit, in der kaum jemand dieses südostasiatische Land kannte, aber ganz besonders – Liebe und Drama!

Fast niemand kennt jedoch die Hintergründe und die wahre Geschichte von Anna Leonowens oder gar die Meinung der Thailänder über diesen Film. Doch beginnen wir vom Anfang an:

Die Vorlage – das Buch „Anna and the King of Siam“

Magaret Landon, eine amerikanische Schriftstellerin und eine von drei Töchtern einer streng gläubigen Methodisten Familie, veröffentlicht 1944 das Buch „Anna and the King of Siam“ als Roman beziehungsweise als Biografie. Ihre Erfahrungen über Siam und das heutige Thailand erwarb sie bei missionarischen Tätigkeiten in Thailand um 1925 bis 1937. So erlangte sie auch Informationen über Anna Leonowens. Die Memoiren von Anna waren es, auf denen der Roman der Schriftstellerin beruht. Das Buch entwickelte sich 1944 schnell zum Bestseller. Dabei ergaben sich aber schon die ersten Auffälligkeiten über Anna Leonowens und den Wahrheitsgehalt ihrer Biografie.

Die Wahrheit über Anna Leonowens

Anna Harriette Leonowens wurde am 6. November 1831 in Indien geboren. Ihr Mädchenname war Ann Hariett Emma Edwards. Ihr Vater kam aus England und war Tischler und später Feldwebel in der Armee. Er verstarb wenige Monate vor Annas Geburt. Die Mutter von Anna entstammt aus einer Ehe zwischen einem englischen Offizier und einer Inderin. Ein Kind aus einer Mischehe wurde damals als minderwertig betrachtet und hatte keine Möglichkeiten der sozialen Hierarchie der damaligen Zeit zu entkommen und in der Gesellschaft aufzusteigen.

Dies war vermutlich auch der Grund warum Anna Leonowens in ihrer Biografie deutliche Veränderungen bezüglich ihrer Herkunft und ihres Lebenslaufs vornahm. Annas Mutter heiratete erneut. Mit ihrem neuen Ehemann, einem Korporal, lebte die Familie ab 1841 in einer Garnisonstadt. Anna erhielt ihre schulische Ausbildung in einer Mädchenschule in Bombay, die bekannt dafür war, dass dort viele Kinder aus Mischehen unterrichtet wurden, deren Väter verstorben waren. Auch hier stimmen die Angaben von ihr nicht mit der Wirklichkeit überein. Sie gab im Lebenslauf an in Wales zur Schule gegangen und erst mit 15 Jahren nach Indien gekommen zu sein.

Anna und ihr Ehemann

Anna verliebte sich später in Thomas Leon Owens, einem Soldaten, der ebenfalls in Indien diente. 1849 wurde geheiratet. Anna stellte ihren Stiefvater als Tyrannen dar, der gegen diese Heirat gewesen sein soll. Auch hier hat Anna sicherlich nicht die Wahrheit gesagt, denn der Stiefvater hat die Heiratsurkunde mit unterschrieben, hatte jedoch nach Annas Angaben den Kontakt angeblich abgebrochen. Aus Briefen geht aber hervor, dass er später die Familie Owens des Öfteren und auch länger besucht hat. Bei der Heirat entstand auch die neue Schreibweise des Namens Leonowens.

Die Ehe brachte vier Kinder hervor, von denen nur zwei überlebten. Die Erstgeborene Tochter Avis und der zwei Jahre später geborene Sohn Louis, der sie auch zum König Mongkut begleitete und so mit in die Geschichte von „Anna und der König von Siam“ einging.

Ihr Ehemann war auch kein strahlender Major, wie sie ihn schildert, sondern ein wenig erfolgreicher Offizier, der durch diesen Umstand sehr häufig versetzt wurde, weshalb die Familie häufig umziehen mußte. Dies war auch der Grund für ihren Aufenthalt seit dem Jahr 1852 in Australien, wo Anna Leonowens eine kleine Mädchenschule eröffnete. Später zogen sie noch weitere Male um. Thomas Leonowens betrieb 1858 im Bereich des heutigen Malaysias ein Hotel und verstarb vermutlich um 1859 an einem Schlaganfall.

Die neue Anna Leonowens entsteht

Anna zog mit den Kindern nach Singapore und erarbeitete sich einen neuen Lebenslauf mit der Geschichte des anderen Geburtsortes und dem Major als verstorbenem Ehemann. Mit der Hilfe von Freunden war auch die Gründung einer neuen Schule möglich. 1862 geschah jedoch etwas, was das Leben von Anna Leonowens vollständig verändern sollte. Der Konsul von Siam bat um eine Unterredung. Er eröffnete ihr, dass seine Majestät Phrabat Somdet Phra Chom Klao Chaoyuhua, der König von Siam, eine Lehrerin oder Gouvernante für die Ausbildung der königlichen Kinder suchte und sie doch dieses annehmen könnte. Dieses war nur durch ihren „geschönten“ Lebenslauf möglich, denn der wirkliche hätte nie für eine solche hochrangige Tätigkeit ausgereicht. Sie lehnte aber dankend ab, da sie nichts über Siam oder seine Majestät wisse.

Nach diesem Treffen überdachte sie jedoch noch einmal ihre Situation. Ihre Schule lief schlecht, da das Schulgeld sehr häufig nicht pünktlich gezahlt wurde. Sie hatte zwei Kinder zu versorgen, deren Vater verstorben war. Groß war ihre Auswahl an Möglichkeiten also nicht! Sie ließ dann doch dem Konsul mitteilen, dass sie das Angebot doch annehmen würde. So begann also die Geschichte von Anna und dem König in der Wirklichkeit.

Majestät König Mongkut (Rama IV.) von Siam
Majestät König Mongkut (Rama IV.) von Siam

An den weiteren Veränderungen an der Geschichte und deren Wahrheitsgehalt war nicht nur Anna Leonowens oder die Schriftstellerin Magaret Landon schuld. Mit jeder Beschreibung, mit jedem Film, Musical traten immer mehr Übertreibungen und Verfälschungen auf. Teile wurden dazu erfunden oder dramatisiert.

Die Kommerzialisierung von

„Anna und der König“

Schon 1946 wurde der Roman von Margaret Landon das erste Mal verfilmt. 1951 folgte das Musical „The King and I“, das mit riesigem Erfolg 1956 mit den Darstellern Yul Brynner als König Mongkut und Deborah Kerr als Anna Leonowens unter dem gleichen Titel verfilmt wurde.

Die Neuverfilmung „Anna und der König“ im Jahre 1999 war sozusagen ein Neuaufguß eines alten Themas. Jodie Foster als Anna Leonowens und dem Hongkong-chinesischen Schauspieler  Chow Yun-Fat als König Mongkut (Rama IV.) gaben dem Kinofilm ein strahlendes Traumpaar. Auch bei dieser Verfilmung wurde mehr auf eindrucksvolle Bildgestaltung und das Verhältnis von Anna Leonowens zum König geachtet.

Doch wie sah die Realität aus und wie wurde Anna und der König in Thailand empfunden

In der Zeit Rama IV.  war das Königreich Siam von zwei Seiten stark bedroht. Von der Burmesischen Seite hatten die Engländer die Kolonialmacht übernommen und im Osten standen die Franzosen in Laos und Vietnam. Siam stand so zwischen den Fronten der Kolonialmächte. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann diese auch Siam übernehmen würden. König Mongkut löste dieses Problem durch einen klugen Schachzug. Er machte die Feinde zu Freunden. In dieser Zeit kam Anna Leonowens an den Hof von Siam um den „englischen Lebensstil“ zu unterrichten. Dabei sollte jedoch der Buddhismus auf keinen Fall durch das Christentum reformiert werden.

Durch die Verfilmungen entstand ein Zerrbild, das sich mit jeder Neubearbeitung weiter von der Realität entfernte. Es ist verbrieft, dass eine Arbeit von Anna auch darin bestand Schriftstücke und Briefverkehr seiner Majestät Mongkut zu übersetzen. Ich glaube jedoch, dass dabei ihre Aufgabe deutlich definiert war und es darüber kaum Einflussmöglichkeiten auf den König von Siam gab.

Für mich ist es daher auch nicht verwunderlich, dass Thailand nicht einwilligte die letzte Verfilmung in Thailand herzustellen. Die Verbindung und Verehrung der Thailänder zum Königshaus ist viel zu innig und ausgeprägt um ein Zerrbild der Geschichte zu propagieren, in dem König Mongkut von einer Frau  vorgeführt wird.

Da die Darstellungen sehr stark von der Wirklichkeit entfernt waren schrieben zwei Brüder eine Richtigstellung. Diese wurde unter dem Titel „The King of Siam Speaks“ veröffentlicht.

Weiterführende Informationen

Eine sehr gute Erklärung der Meinung der Thailänder zum Film findet man hier: Warum reagieren die thailändischen Behörden so empfindlich auf den Film Anna und der König?

Ganz besonders spielen hier auch Gründe in Richtung der Majestätsbeleidigung in Thailand eine Rolle.

Ein weiterer berühmter Kinofilm der in Thailand spielt: Die Brücke am Kwai

Ich freue mich wie immer auf Kommentare von Euch bitte jedoch auf die besondere Sensibilität dieses Themas.

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3 Kommentare zu “Die Wahrheit über Anna und der König von Siam

  1. Reinhard Duerr

    Ich habe den Film zweimal gesehen .Hier wurde das Königshaus in keiner Wiese einer Beleidigung ausgesetzt. Ich verstehe nicht den Aufwand . Ein schöner Film .

    1. Reiner Kerner Autor des Beitrags

      Hallo Reinhard,

      vielen Dank für Deinen Kommentar.
      Die Reaktion der thailändischen Regierung, Teile der thailändischen Bevölkerung und des Königshauses beruhen auf die kulturellen Gegebenheiten des Landes. Da der Film einen Einfluß der Engländerin auf seine Majestät schildert und zeigt, ist dies für dies für die Thailänder ein offener Affront gegen das Land und das Königshaus. Kein Ausländer und schon gar nicht eine Frau würde es wagen in der damaligen Zeit und auch heute, seine Majestät zu belehren oder zu korrigieren. Dies geschieht aber direkt oder indirekt in den Filmen.
      Ich kann die Haltung der Thailänder, historisch und kulturell gesehen, verstehen und akzeptieren da, die Filme indirekt eine Majestätsbeleidigung für einige Thailänder darstellen können!
      LG Reiner

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